Restauration des Grabmals durch Dipl.-Rest. Christine Laubert aus Dresden
Pilgerfigur nach der aufwändigen Entsalzung
Segnung der Statue durch Bischof Heinrich Timmerevers am 25. Juli 2021
Alte Pilgerfigur auf dem Friedhof Hirschfelde entdeckt und restauriert
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass unsere Augen „gehalten“ sein können wie bei den Emmausjüngern (vgl. Lk 24, 16), dann hätte er in Hirschfelde erbracht werden können. Jahrelang waren die Leute an einem Grabmal auf dem Friedhof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Hirschfelde mehr oder weniger achtlos vorübergegangen, ehe jemand 2018 entdeckte: es stellt einen Pilger mit einem Engel dar! Das war natürlich für den ortsansässigen Pilgerhäuslverein, der die Herberge am Zittauer Jakobsweg betreut, eine Sensation!
Es handelt sich um das Grabmal des Johann Georg Zeissig (+ 1816) und seiner Frau Anna Rosina (+ 1828). Zeissig war mit höchster Wahrscheinlichkeit kein Jakobspilger. Die Wallfahrt zum Grab des Apostels Jakobus dem Älteren in Santiago de Compostela existierte zu seinen Lebzeiten faktisch nicht mehr. Ergreifend ist allerdings das Schicksal der beiden Eheleute: Sie bekamen 16 Kinder, unter denen zweimal Zwillinge und einmal Drillinge waren - und 14 vor ihnen verstarben.
Johann Georg Zeissig war vermutlich geprägt durch den Pietismus. Ein bedeutender Vertreter dieser Form protestantischer Frömmigkeit war Paul Anton, der 1661 Hirschfelde geboren worden war. Die beiden Männer haben sich nicht kennengelernt, doch möglicherweise war das evangelische Leben in und um Hirschfelde vom Pietismus geprägt. In dieser Gestalt der Frömmigkeit nimmt der Glaube, dass das menschliche Leben ein Pilgerweg ist mit Gott als großem Ziel, einen zentralen Platz ein. Dieser Gedanke kommt im Gedicht „Pilgertrost“ von Gerhard Tersteegen (1697 – 1769) zum Tragen: „Der Pilgerweg ist voll Beschwer, doch ist der Weg so lang nicht mehr. Gott stärket auch indessen. Der müde Pilger wird zu Haus im Schoß des Vaters ruhen aus und alles Leid’s vergessen“.
Da sich die beiden Figuren in einem jämmerlichen Zustand befanden, beschloss der Verein, sie restaurieren zu lassen, wofür er die Genehmigung des Kirchenvorstands erhielt. Auch die zuständigen Denkmalschutzbehörden im Freistaat Sachsen und dem Landkreis Görlitz entschieden positiv und gewährten einen Zuschuss. Die andere Hälfte der Kosten stemmte der Verein. Die Arbeiten wurden von Frau Christine Laubert aus Dresden ausgeführt, unterstützt von einheimischen Helfern. Während des Pfarreifestes der Pfarrei „St. Marien“ Zittau am 25. Juli wurde das Grabmal von Bischof Heinrich Timmerevers gesegnet und damit erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Das Grabmal am Jakobsweg kann sich nun gewiss würdig unter die Sehenswürdigkeiten von Hirschfelde einreihen. Selbstverständlich muss es die Pilger auf dem Zittauer Jakobsweg nicht gleich an die Mühen und Strapazen ihres Weges erinnern. Aber doch daran, dass nicht nur der Weg beim Pilgern das Ziel ist, sondern das Ziel – und das ist für den gläubigen Pilger Gott. Nach ihm erfüllt die Menschen, bewusst oder unbewusst, eine Sehnsucht, zu deren Erfüllung wir unterwegs sind. Das Pilgern ist der erlebbare, greifbare Ausdruck dafür, glauben mit Leib und Seele.
Text: Pfarrer Michael Dittrich, Hirschfelde