Pilgerherberge und Begegnungsstätte am Zittauer Jakobsweg
Wer immer in guter Absicht diese Schwelle betritt, er sei uns willkommen.
 

Das Baugeschehen im Überblick

Die Verwandlung von 2010 bis 2013

Es ist ein schöner Sommertag: Am 1. Juli 2010 wird symbolisch der Grundstein für die Umgestaltung des einstigen katholischen Pfarrhauses in Hirschfelde in eine Pilgerherberge gelegt. Die feierliche Zeremonie nehmen unter den Blicken von gut 40 Gästen die drei Projektpartner vor, vertreten durch Pfarrer Michael Dittrich vom Pilgerhäusl-Verein, Jeannette Gosteli vom Landkreis Görlitz und Vít Přikaski vom tschechischen Kraj Liberec.

 

Eingravierter Leitgedanke

Der Grundstein, der gleich hinter der Türschwelle versenkt wird, ist aus schlesischem Sandstein und trägt die Inschrift „Wir für das Pilgerhäusl“. Dieser Gemeinschaftsgedanke ist Leitmotiv für die bevorstehende Rekonstruktion.

Wer an diesem Tag das Umgebindehaus umrundet und einen Blick hineinwirft, der sieht: Hier ist viel zu tun! Seit 1992 steht das Gebäude leer. Die Bauzustandsanalyse hat zahlreiche Schäden offenbart. Es ist höchste Eisenbahn, wenn es dem weiteren Verfall und Abriss entgehen soll.

 

Baustart

Baustart ist am 20. Oktober 2010. Die Bürger von Hirschfelde und Umgebung – insbesondere aus der katholischen und evangelischen Gemeinde – nehmen das Motto auf dem Grundstein ernst. Ein Ehrenamttrupp hat sich gebildet. Er befreit das Haus zunächst von unnötigem Ballast, um den historischen Kernbestand freizulegen. Die Helfer tragen alte Putze ab, entfernen schadhafte Fußböden und nachträgliche Verkleidungen. Mit den Abbrucharbeiten schaffen sie bis ins neue Jahr hinein Baufreiheit für die Fachfirmen. 14 Kubikmeter Schutt kommen zusammen.

 

Mit Spachtel und Heißluftgerät

Das Holz der Decke in der Blockstube kann man zunächst nur erahnen. Immer wieder neu ist es von früheren Bewohner überpinselt worden. Christian Kretschmer, Uwe Nichterwitz und weitere Unentwegte aus dem Ehrenamttrupp wechseln sich ab, um mit Spachtel und Heißluftgerät die Farbschichten zu beseitigen. Als – vermutlich nach Jahrzehnten der Verhüllung – das erste Holz wieder sichtbar wird, ist das für alle ein Freudentag. Doch die alte Farbe ist hartnäckig, die Arbeit über Kopf schwer und zeitraubend. Es wird noch lange dauern, bis die Decke ihre Naturschönheit wiedererlangt hat.

 

Biberschwänze auf dem Dach

Die ersten Fachhandwerker halten Einzug. Von Mai bis Juni 2011 wird das Krüppelwalmdach auf der Ostseite repariert, auf der Westseite auf rekonstruierter Dachlattung komplett erneuert. Zu Werke geht die Zittauer Dachdeckerei Lehnert. Die altbauerfahrenen Handwerker nehmen zunächst von 160 Quadratmetern Fläche die alte Deckung ab, bereiten – unterstützt vom Ehrenamttrupp – das Altmaterial wieder auf und verlegen dann 8.000 handgestrichene Biberschwanzziegel neu. Gekrönt wird das Dach Mitte Juni von der Schlosserei Schlick aus Zittau mit einem Blitzableiter nebst nagelneuer Blitzschutzanlage.

 

Rutschende Fundamente

Unangenehme Überraschung plötzlich in der Blockstube. Der Versuch, den Granitsockel von innen zu dämmen, scheitert. Der 1,75 Meter lange Stein verrutscht. Haben die Vorfahren bei der Gründung dieses Hausteils gespart? Die Fachleute handeln schnell: Umgebinde und Blockstube werden abgestützt, Betonfundamente eingebracht. Nun kann der Granitsockel neu eingebaut werden.

 

Jugendliche Hilfe

Sommer 2011. Im Haus wird geschachtet. Helfer entfernen die Fußböden im Erdgeschoss. Rund 30 Zentimeter tief wird gegraben. Beton im Gewölberaum beispielsweise macht es den ehrenamtlichen Bauleuten nicht leicht. Bis in den Dezember hinein werden die Arbeiten andauern. In die geschaffenen Vertiefungen soll später Glasschotter als Dämmstoff gefüllt werden. Rita, Tina, Alexandra, Lydia, Theresa, Hanna, Rosanna und Lorenz – so heißen die jungen Leute, die im Oktober 2011 auf der Baustelle helfen. Sie kommen von der katholischen Pfarrei Löbau. Mit Drahtbürsten befreien sie im Obergeschoss Fachwerkbalken von Kalkanstrichen. Und sie beschäftigen sich gedanklich mit dem Haus: Wie soll es einmal aussehen, damit sich die Pilger darin wohlfühlen?

 

Wärme aus der Erde

Tief hinab geht es gleich zu Beginn des neuen Jahres. Der milde Januar 2012 ermöglicht der Firma Erdwärme und Brunnenbau Kunze aus Gröditz zwei Bohrungen. Sie reichen bis in 125 Meter Tiefe. In diese Kanäle werden Erdsonden eingebracht. Sie werden mittels moderner Wärmepumpe die Erdwärme für das Haus nutzbar machen.

 

Sicherung des Gewölbes

„Vernadelung“ nennt es der Fachmann, wenn gemauerte Konstruktionen mit Stahlankern stabilisiert werden. Da die Standfestigkeit des Gewölbes im gemauerten Hausteil an einigen Stellen gefährdet ist, werden im März 2012 diese gerippten Anker zwischen die freigelegten Ziegel eingesetzt und vermörtelt. Sie nehmen nunmehr die senkrecht zur Wandoberfläche wirkenden Zugkräfte aus.

 

Ableitung des Regenwassers

Das Frühjahr an frischer Luft: Zug um Zug ist seit 2011 das Außengelände abgesenkt worden. Der Garten am Haus wurde von rund 10 Kubikmetern Erdreich befreit. Warum dieser Aufwand? Um die Blockstube vor Regenwasser zu schützen. Sie war bisher der tiefste Punkt im Gelände und so der Gefahr ausgesetzt, dass Regenwasser eindringt. Ab April 2012 nimmt nun eine Versickerungsgrube bei Regen das Oberflächenwasser auf. Die Baufirma Dehmel aus Hirschfelde legt sie auf einer Wiese vor dem Haus an.
 

Ökologische Baustoffe

Gleichfalls im April dämmt die Baufirma Vass aus Großschönau den Fußboden im Hausflur. Ebenso wie zuvor in der Blockstube bringt sie Glasschotter ein, einen ökologischen Baustoff.

 

Lehm - innen und außen

Ein weiterer ökologischer Baustoff bestimmt ab Mitte 2012 das Baugeschehen: der Lehm. Rund 50 Tonnen dieser – neben Holz und Stein – natürlichen Grundsubstanz eines Umgebindehauses werden in den kommenden Monaten verwendet. „Die Lehmwerker“ aus Schönbach verputzen zunächst im Obergeschoss die Außenwände mit Dämmlehm, bringen Lehmdecken auf und ergänzen innen verloren gegangenes Lehmfachwerk. Später überziehen sie das Gewölbe mit Ausgleichslehm und danach mit Edelputz, ein ganz besonders feiner Lehm. Ab September 2013 verputzen die Lehmwerker das Fachwerk von außen. Die Farbe wird mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmt. Die beige Note des Lehms harmoniert gut mit dem natürlichen Braun des Holzes. Rot ist wiederum der Lehm-Edelputz, den im Oktober die Diele im Obergeschoss erhält.

 

Morsche Decke

Was ist das? Als freiwillige Helfer zur Jahresmitte im Obergeschoss hölzerne Deckenverkleidungen entfernen, können sie es nicht fassen: Die Deckenstaken ruhen nur auf dünnen, morschen Leisten. Einsturzgefahr! Baustopp! Architekt Knut Wolf veranlasst umgehend eine ungeplante Deckenreparatur. Die Zimmerei Müller & Sohn aus Jonsdorf ersetzt das heikle Provisorium durch eine fachgerechte Lösung. Die erfahrenen Holzfachleute hatten bereits vorher schadhafte Umgebindeständer ausgebessert, brüchige Hölzer im Obergeschoss ausgewechselt und verfallene Fensterbretter ersetzt.

 

Schock im Gewölberaum

Alte Häuser sind für Überraschungen gut. Aber diese hat der Umgebinde-erfahrende Architekt Knut Wolf nicht geahnt: Als im August freiwillige Helfer den Fußboden im Gewölberaum ausschachten, stoßen sie auf ein Fundament, das nur aus einer dünnen Feldsteinschicht besteht. Notsicherung ist erforderlich – mit 20 Tonnen Kies, die umgehend verfüllt werden, und Holzstützen an den Gewölbesäulen. Allgemeines Aufatmen, Grundbruchgefahr abgewendet. Die dauerhafte Sanierung des Fundaments – die aufwendige Nachgründung – erfolgt im April 2013.

 

Heizung

Spätsommer und Herbst 2012 gehören vor allem den Heizungsvarianten im Haus. Die Firma Wiedemann aus Bautzen installiert die Wandheizung in den Pilgerunterkünften im Obergeschoss, die wiederum unter Lehmputz der Lehmwerker verschwinden. In der Blockstube setzt die Firma Collasch aus Zittau den alten grünen Kachelofen neu, den sie 2011 behutsam abgebaut und eingelagert hatte. Jetzt ist er mit einer modernen Brandfeuerung und elektronischen Zuluftregelung ausgerüstet.

 

Sprossenfenster

Um möglichst viel alte Bausubstanz zu erhalten, werden die inzwischen ausgebauten alten Sprossenfenster fachkundig aufbereitet. Das hat die Tischlerei Höhne aus Sohland übernommen. Ehrenamtliche Helfer befreien derweil die Fenstereinfassungen von alter Farbe.

 

Fußböden mit Charakter

Für die Holzdielen in allen Räumen werden Bretter aus Douglasie ausgewählt. Die Firma Schramm aus Hörnitz verlegt sie im Oktober. Von der Firma Große stammen die Holztreppen, die jetzt ins Ober- und Dachgeschoss führen. Der Flur erhält aus der Hand von Fliesenleger Volker Kunze aus Hörnitz speziell gebrannte rötliche Ziegel.
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